Aufforstungsmaßnahmen im Griesheimer Stadtwald

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Stadt Griesheim bringt Modellversuch auf den Weg

Um den Griesheimer Stadtwald sorgen sich nicht nur die Verwaltung und der Revierförster, auch unzählige Bürgerinnen und Bürger nehmen die Veränderungen wahr und treten mit Fragen und dem Wunsch nach einer positiven Veränderung an die Stadt Griesheim heran. Dieses Thema war Gegenstand der Sitzung des Ausschusses Umwelt, Energie und Mobilität am 01.09.2021. In einem Vortrag präsentierten Bürgermeister Krebs-Wetzl zusammen mit Revierförster Michael Göbel und Umweltfachmann Dirk Kosel von der Stadtverwaltung neue Erkenntnisse und Ansätze.

Zunächst wurde anschaulich präsentiert, warum sich der Griesheimer Stadtwald nun in einem so besorgniserregenden Zustand befindet.

Maikäfer-Engerlinge

Neben der extremen Dürre in den Jahren 2018 – 2020 ist vor allem die außerordentlich hohe Belastung mit Maikäferengerlingen für das großflächige Absterben der Bäume ursächlich.

Die hohe Maikäferpopulation im nördlichen Hessischen Ried verhält sich seit Jahren konstant. In jedem vierten Jahr tritt ein sogenanntes „Flugjahr“ auf, wenn die Engerlinge voll entwickelt sind und als Maikäfer aus dem Boden kommen.

Im dritten Jahr des Entwicklungszyklus werden regelmäßig Grabungen im Wald durchgeführt, um eine Einschätzung zu erhalten, wie viele Engerlinge vorhanden sind.

Die waldbauliche Regel besagt, dass Neuaufforstungen bei mehr als 7 – 10 Engerlingen pro Quadratmeter nicht sinnvoll sind, weil die Engerlinge in diesem Fall die Anpflanzungen in der Regel sofort wieder vernichten. In dieser Situation befinden wir uns in Griesheim leider schon seit mehr als 16 Jahren. Hier liegt die Anzahl der Engerlinge pro Quadratmeter sowohl im Griesheimer Stadtwald als auch im Staatswald meist deutlich über 20 Engerlinge (teilweise bis zu 90 Engerlinge) pro Quadratmeter. Auch die Grabungen in diesem Sommer lassen leider keinen Einbruch der Population vermuten.


Modellversuch: Erschwerung einer neuen Eiablage der Maikäfer

Um mit einer Nachforstung den Wald in Griesheim wieder zu verdichten und zu erhalten möchte Bürgermeister Krebs-Wetzl nun neue Wege gehen. Die Stadt Griesheim hat daher zusammen mit Michael Göbel, Revierförster, nun ein Konzept entwickelt, um Aufforstungen im Stadtwald möglichst zu sichern. Es handelt sich dabei um einen Modellversuch mit dem Ziel, den Maikäfern im Flugjahr 2022 die Eiablage in jenen Bereichen, die für Aufforstungen vorgesehen sind, zu erschweren. Die Maikäferweibchen legen ihre Eier gerne in Flächen, die mit Gras oder Kräutern bewachsen sind, weil die kleinen Engerlingslarven im ersten Jahr noch keine Baumwurzeln fressen können. Es ist daher vorgesehen, die Aufforstungsflächen großflächig mit einer Schicht Holzhackschnitzel abzudecken. Diese Abdeckung dürfte für die Maikäferweibchen unattraktiv sein, da es keinerlei Bewuchs gibt.

Des Weiteren wird darauf gesetzt, dass es den Maikäferweibchen sehr schwer fallen wird, sich durch eine Hackschnitzelschicht zu graben, um an den weichen Sand für die Eiablage zu gelangen. Darüber hinaus kann die Mulchabdeckung die Bodenfeuchtigkeit deutlich besser halten und somit zu einem idealen Wuchsklima für die Bäume beitragen. So könnten die Neuanpflanzungen in den ersten Wachstumsjahren von einem Engerlingsbesatz verschont werden und gut anwachsen.

Mix aus heimischen und nicht-heimischen Baumarten

Auch bei der Baumartenwahl möchte man hier neue Wege gehen. Es wird darauf geachtet, einen breitgefächerten Mix geeigneter Baumarten zu wählen. Ein Schwerpunkt wird dabei auf bewährten heimischen Arten liegen. Sie leiden zwar, wie alle anderen Baumarten auch, unter der Engerlingsbelastung, eignen sich aber grundsätzlich für den Standort. Diese wären im Wesentlichen

  • Stileiche (Quercus robur)
  • Sandkiefer (Pinus silvestries)
  • Hainbuche (Carpinus betulus)
  • Winterlinde (Tilia cordata) und
  • Spitzahorn (Acer platanoides).

Es werden aber auch nicht heimische Baumarten aus Südosteuropa gepflanzt, um den speziellen Bedingungen im Hinblick auf den Klimawandel und dessen mögliche Folgen Rechnung zu tragen. Hier spielen diese Arten eine Rolle:

  • Zerreiche (Quercus cerris)
  • Ungarische Eiche (Quercus frainetto)
  • Esskastanie (Castanea sativa)
  • Blumenesche (Fraxinus ornus)
  • Silberlinde (Tilia tomentosa)

Wo wird der Modellversuch gestartet?

Die für den Modellversuch ausgewählten Flächen liegen an Wegen, damit die großen Mengen Hackschnitzel angefahren werden können und damit, falls notwendig, eine Bewässerung möglich ist. Es handelt sich um zwei Versuchsflächen mit jeweils 5.000 m² im Bereich des „Rentnertempels“ im Griesheimer Stadtwald. Der Versuch bringt das Risiko mit sich, zu scheitern. Dies soll die Stadt Griesheim jedoch nicht davon abhalten, die Chance zu nutzen, neue Wege zu gehen. Sollte es gelingen, dass die Aufforstung die nächsten vier Jahre überlebt (bis zum nächsten Flugjahr), wird man diese hilfreiche Erfahrung aus dem Versuch nutzen können, um dann in weiteren Schritten den Wald aufzuforsten.

„Die Maßnahmen werden fachlich begleitet und dokumentiert und können so einen hoffentlich wichtigen Beitrag für unseren geliebten Griesheimer Wald leisten. Es ist mir wichtig, alles zu tun, was in unserer Kraft steht, um dem Wald zu neuer Kraft zu verhelfen. Dabei gilt es auch, neue Ideen aufzugreifen und den dazugehörigen Modellversuch zu starten“, so Bürgermeister Krebs-Wetzl in der Ausschusssitzung.